"Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung
(Heilpraktikergesetz)"
vom
17.02.1939 (RGBL. I S. 251),
geändert durch Art. 53 des EGStGB vom 02.03.1974 (BGB1. I S.469):
§ 1
(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben
will, bedarf dazu der Erlaubnis.
(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne des Gesetzes ist jede
berufsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder
Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen,
auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.
(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und
weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der
Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung
"Heilpraktiker'.
§ 2
(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, bisher
berufsmäßig nicht ausgeübt hat, kann eine Erlaubnis nach § 1 in
Zukunft ... erhalten.
§ 3
Die Erlaubnis nach § 1 berechtigt nicht zur Ausübung der
Heilkunde im Umherziehen.
§ 4
...
§ 5
Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt zu sein
und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe
bestraft.
§ 5a
(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Inhaber einer Erlaubnis nach
§ 1 die Heilkunde im Umherziehen ausübt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis
fünftausend Deutsche Mark geahndet werden.
§ 6
(1) Die Ausübung der Zahnheilkunde fällt nicht unter die
Bestimmung dieses Gesetzes.
§ 7
Der (Reichsminister des Inneren) erläßt ... die zur Durchführung
... dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften.
§ 8
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten § 5 a Abs. 1 Nr. 1 und § 148 Abs. 1 Nr.
7a der Reichsgewerbeordnug, soweit sie sich auf die Ausübung der
Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes beziehen, außer Kraft.
Anmerkungen zu wichtigen Passagen dieses Gesetzes:
Zu § 1:
Unter "berufs- bzw. gewerbsmäßiger" Ausübung der Heilkunde
versteht man die Tatsache, die Heilkunde wiederholt auszuüben und
sie zu einer immer wiederkehrenden oder sogar dauerhaften
Beschäftigung zu machen. "Berufsmäßig" ist die Heilkunde auch dann,
wenn sie unentgeltlich vorgenommen wird (BGH Urteil vom 16.12.1954).
Selbstlose Hilfeleistung - z.B. in Notfällen - oder Pflege von
Menschen - z.B. Mutter mit krankem Kind stellt keine Ausübung der
Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes dar.
Zu § 2:
Bedingt durch die Kulturhoheit der Länder wird die Erlaubnis
durch Vollzugserlasse der Länder bewirkt.
Zu § 3:
Der Heilpraktiker benötigt einen festen Niederlassungsort, um
Patienten behandeln zu dürfen. Behandlung außerhalb, in z. B.
zeitweilig angemieteten Räumen, ist nicht erlaubt. Hausbesuche nach
Anforderung durch Patienten sind hier ausgenommen. Seit der
Reichsgewerbeordnung von 1883 ist die Ausübung der Heilkunde im
Umherziehen durch nichtapprobierte Heilbehandler verboten.
Zu § 5 und § 5a:
Einen Strafbestand stellt die Ausübung der Heilkunde ohne Erlaubnis
dar. Da Umherziehen bei Heilbehandlungen, auch wenn eine Erlaubnis
nach § 1 vorliegt, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.
Durch § 7 des o. g. Gesetzes zur Ausübung der Heilkunde ohne
Bestallung (Heilpraktikergesetz vom 17.02.1939 wird am 18.02.1939
eine Durchführungsverordnung erlassen, zuletzt geändert durch Art. 1
der Verordnung vom 18.04.1975 (BGBI. I S. 967):
§ 1
(zeitlich abgelaufen)
§ 2
(1) Die Erlaubnis wird nicht erteilt,
a) wenn der Antragsteller das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat,
c) (gestrichen)
d) wenn er nicht mindestens abgeschlossene Volksschulbildung
nachweisen kann,
e) (außer Kraft)
f) wenn sich aus Tatsachen ergibt, daß ihm die ... sittliche
Zuverlässigkeit fehlt, insbesondere, wenn schwere strafrechtliche
oder sittliche Verfehlungen vorliegen,
g) wenn ihm infolge eines körperlichen Leidens oder wegen
Schwäche seiner geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer
Sucht die für die Berufsausübung erforderliche Eignung fehlt,
h) wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, daß er die Heilkunde neben
einem anderen Beruf ausüben wird,
i) wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten
des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, daß die Ausübung
der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die
Volksgesundheit bedeuten würde.
§ 3
(1) Über den Antrag entscheidet die untere Verwaltungsbehörde im
Benehmen mit dem Gesundheitsamt
(2) Der Bescheid ist dem Antragsteller ... zuzustellen; das
Gesundheitsamt erhält Abschrift des Bescheides. Der ablehnende
Bescheid ist mit Gründen zu versehen.
(3) Gegen den Bescheid kann der Antragsteller ... Beschwerde
einlegen. Über diese entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde nach
Anhörung eines Gutachterausschusses (§ 4).
§ 4
(1) Der Gutachterausschuß besteht aus einem Vorsitzenden, der
weder Arzt noch Heilpraktiker sein darf, aus zwei Ärzten sowie zwei
Heilpraktikern. Die Mitglieder des Ausschusses werden vom
Reichsminister des Innern ... für die Dauer von zwei Jahren berufen.
Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die
zuständige Behörde abweichend von Satz 2 zu bestimmen. Sie können
diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.
(2) Für mehrere Bezirke höherer Verwaltungsbehörden kann ein
gemeinsamer Gutachterausschuß gebildet werden.
§ 5
...
§ 6
...
§ 7
(1) Die Erlaubnis ist durch die höhere Verwaltungsbehörde
zurückzunehmen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt
werden, die eine Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1
rechtfertigen würden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch
Rechtsverordnung die zuständige Behörde abweichend von Satz 1 zu
bestimmen. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden
übertragen.
(2) ...
(3) Vor Zurücknahme der Erlaubnis nach Abs. 1 ist der
Gurachterausschuß (§ 4) zu hören.
(4) ...
§ 8
...
§ 9
...
§ 10
...
§ 11
(1) Höhere Verwaltungsbehörde im Sinne dieser Verordnung ist ...
der Regierungspräsident, in Berlin der Polizeipräsident ... und im
übrigen die oberste Landesbehörde.
(2) Untere Verwaltungsbehörde im Sinne dieser Verordnung ist in
Gemeinden mit staatlicher Polizeiverwaltung die staatliche
Polizeibehörde, im übrigen in Stadtkreisen der Oberbürgermeister, in
Landkreisen der Landrat.
§ 12
...
§ 13
...
§ 14
...
Kurze Erläuterungen zu wichtigen Passagen der Ersten
Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung
der Heilkunde ohne Bestallung:
Zu § 2 (1):
f) Die sittliche Zuverlässigkeit wird im Prinzip durch
gesetzestreues Verhalten in Form eines polizeilichen
Führungszeugnisses dokumentiert.
g) Hier handelt es sich berufsrechtlich um eine Forderung, welche
auch andere Heilberufe zu erfüllen haben.
h) Laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom
02.03.1967 wird ein Mehrfachbetätigungsverbot zum Schutze der
Volksgesundheit nicht für erforderlich erachtet, das heißt der
Buchstabe h) wurde aufgehoben.
i) Die Überprüfung darf ein Antragsteller gemäß einem Urteil des
Bundesverwaltungsgericht vom 24.01.1957 mehrmals wiederholen. |